Social Media ist kein globaler Umsatzbringer

Zurzeit sind wieder einmal diverse Diskussionen vor allem um Facebook im Gange. Fast jeder Befürworter verweist darauf, dass es dort 800 Millionen möglicher Kunden gibt. Auch sind Töne zu hören, die Social Media als wichtiger einstufen als bspw. Google. Da habe ich ernste Zweifel. Google ist weltweit tätig. Ok, geht man davon aus, dass die Mehrzahl der Facebook-Befürworter eben kein Google Adwords oder SEO kann, bleibt ihnen kaum etwas anderes übrig, als den Erfolg von Social Media zu propagieren. Hier die Liste der Schwierigkeiten, 800 Millionen mögliche Kunden anzusprechen und in brauchbare Umsätze zu verwandeln:

1) Sprache. Bspw. Facebook ist aufgeteilt in verschiedenste Sprachen. Ohne einen Benutzer in seiner Muttersprache anzusprechen, ist die Erreichbarkeit schlecht. Von den 800 Mio Nutzern sprechen die wenigsten Deutsch und selbst Englisch ist nicht flächendeckend vertreten. Es bleiben deutlich weniger als 800 Mio übrig.

2) Distanzen. Selbst, wenn man global alle Benutzer ansprechen könnte, gibt es hohe Kosten für den Transport physischer Güter und lange Lieferzeiten. Das ist im Vergleich zu vielen Käufen vor Ort nicht wirtschaftlich. Die Benutzer möchten außerdem schnell ihre Ware haben und „schnell“ kostet im internationalen Transport nochmals zusätzlich. Dienstleistungsanbieter sind oft gar nicht in der Lage, global zu agieren.

3) Zeit und Besucher. Sowohl Zeitzonen, wie auch das Besucherverhalten erschweren eine wirksame Werbeschaltung. Es gibt viele Karteileichen und man liegt recht oft einfach „neben“ den Besucherströmen.

4) Meinungsbildung zum Kauf. Besucher sozialer Netze sind primär für die Unterhaltung unterwegs. Ein aufgepropftes Marketing stößt viele ab. Zudem sind erwiesenermaßen Klickraten für Werbung sowie Conversions in sozialen Netzen eher schlecht.

5) Wirtschaftlichkeit. Eine Kampagne in sozialen Netzen ist arbeits- und zeitintensiv, somit teuer.

6) Technik. Bei weitem nicht alle Güter sind überall auf der Welt einsetzbar. Als kleine Beispiele seien die unterschiedlichen Netzspannungen, Fernsehnormen oder schon die Unterschiede zwischen metrischem System und Zoll bei Schrauben erwähnt.

7) Juristerei. Es gibt vollkommen unterschiedliche Vorschriften und Zulassungsverfahren. Alleine EU-Normen, amerikanische Normen oder japanische Normen sind oft extrem unterschiedlich, ebenso die Gesetzgebung, Markenschutz, Haftung oder Garantie. Eine Einzelzulassung oder ein Einzelversand ist oft nicht wirtschaftlich. Für Dienstleistungen sind ebenso unterschiedliche Normen gegeben.

8) Steuern. Wer einmal in der Buchhaltung den Versand in die Schweiz oder nach Übersee abgebildet hat, kennt die Probleme und den Aufwand. Zudem müsste man für jedes Exportland außerhalb der EU Fallunterscheidungen treffen. Obendrein kennen die möglichen Kunden oft die Endpreise nicht: Privatmann, Firma, Einfuhrumsatzsteuer oder Zoll seien genannt.

9) Kommunikationssteuerung. In sozialen Netzen gibt es Feedback nicht nur von zufriedenen Käufern. Auch unzufriedene Kunden oder ausgemachte Störenfriede verschlechtern die Motivation zur Kaufentscheidung. Dies einigermaßen im Griff zu haben, erfordert zusätzlich massive Arbeit.

10) Targeting. Nur vollständig ausgefüllte Nutzerprofile mit echten Benutzern sind einigermaßen effizient ansprechbar. Fakes oder unausgefüllte Profile erschweren die Kundenansprache erheblich. Zudem sind viele wichtige Entscheidungsträger überhaupt nicht in sozialen Netzen erreichbar, da sie ihre Privatsphäre wahren oder nicht durch jeden erreichbar sein wollen.

11) Märkte. Ohne Kenntnis der Märkte vor Ort gibt es keine vernünftige Preisbildung. Hat man zusätzlich viele Preise für ein Produkt nach Ländern unterschiedlich gestaltet, werden sich Nachfragen von Käufern häufen.

12) Kommunikationsaufwand. Ein Verkauf „auf Augenhöhe“ in einem netten Plausch ist zeitintensiv und teuer. Zusätzlich zur Produktbeschreibung wird es alle möglichen Fragen geben.

Die einzelnen Problempunkte ergänzen sich dabei teilweise und machen die Werbewirksamkeit noch diffuser und ineffizienter. So kann man nicht alleine sprachlich „daneben“ liegen. Auch das Preisgefüge in den verschiedensten Ländern will berücksichtigt sein. Verschiedene Exporte machen überhaupt keinen Sinn, da die Waren billiger verfügbar sind, als hier. Dazu kommt ein immenser Aufwand, technische oder wirtschaftliche Fragen in verschiedensten Sprachen zeitnah zu bearbeiten. Und selbst dann kann man bei Bildungs- oder Sozialisierungslevel sowie der Einkommenstruktur falsch liegen. Nicht zuletzt erreicht man eine Vielzahl potentieller Kunden überhaupt nicht. Und dann fängt das Spiel erst richtig an. Garantieabwicklung nach europäischem Recht in Staaten außerhalb der EU? Ein Schreckensszenario, das auch mögliche Käufer abstößt.

Ich sehe nach wie vor die absoluten Umsatzbringer in Google, Bing und Yahoo sowie Verkaufsplattformen (Amazon, Ebay……..) oder Preisvergleichen. Kunden suchen aktiv nach einer Lösung, Dienstleistung oder geben einen Kaufwunsch vor. Und genau das finden sie auch. Die Hürden bis zum tatsächlichen Verkauf oder Kontakt sind um viele Größenordnungen sowie unzählige Klicks niedriger. Zudem ist eine absolut gezielte Kundenansprache möglich, während das Engagement in vielen sozialen Netzen eher einem Streuschuss gleicht. Auch sind Marketingmaßnahmen in ihren Erfolgen direkt messbar, während in sozialen Netzen eher das Engagement selbst gemessen wird. Engagement heißt dabei nicht Umsatz, Kundenwahrnehmung oder Markenbildung.

Das kann für einige Produkte funktionieren, etwa Trend-Artikel. Dann wiederum muss man im Hinterkopf behalten, was die Bedienung verschiedenster Plattformen für Social Media an Verwaltungsaufwand mit sich bringt. Ein Shop beispielsweise inklusive Artikelpflege und Zahlungsfunktionalität ist oft nur dann sinnvoll abbildbar, wenn man ihn mit gleichem Aufwand wie im normalen Web betreiben kann. Das wiederum bedeutet eine einheitliche Datenpflege sowie eine ebenso einheitliche Zahlungsmöglichkeit und natürlich auch koordinierte Sonderangebote. Und schon ist die nächste Baustelle eröffnet.

Als Unterstützung oder zur Vermarktung eines normalen Internetshops halte ich Social Media für geeignet. Alleine oder schwerpunktmäßg hierauf zu setzen, erscheint mir sehr risikobehaftet. Immerhin macht man sich auch vom Anbieter des Social Media Systems strategisch abhängig (siehe Rückgänge bei Besuchen/Seitenaufrufen von VZ, MySpace, Lokalisten, Wer-kennt-wen, Xing…….), während man den eigenen Webshop immer voll unter Kontrolle hat und selbst bei Problemen des Softwareanbieters schnell in andere Systeme wechseln kann.

Autor: Georg Grohs Online Marketing

Online Marketing, Erfahrung seit 1998, einige einzigartige Erfolge. Aber immer mit einem Lächeln. georg-grohs.de