Lassen wir mal die berechtigten Fragen zum Datenschutz und der Datengier weg, darüber wird an anderer Stelle genug geredet.
Online Marketer messen Reichweiten, Zielgruppen und Werbungsmöglichkeiten. Entsprechend bewerten sie den Kauf von WhatsApp durch Facebook etwas anders und machen sich so ihre Gedanken, was da wohl kommt und welche Auswirkungen der Vorgang hat. Zunächst ist es ein offenes Geheimnis, dass mE Facebook die Phase der Stagnation erreicht hat. Das ist typisch für soziale Netze: Sie erreichen kaum noch neue Mitglieder, die einen gesunden Querschnitt aller Benutzergruppen darstellen. Zeitgleich sinkt die Aktivität im sozialen Netz und die ersten Mitglieder wandern zu anderen Diensten ab, siehe auch: Stabilität sozialer Netze.
WhatsApp ist ein „junges“ Netz. Es wird oft als cool angesehen und ermöglicht diverse Funktionen, die Facebook so nicht hat. Während dessen tut sich etwas im Benutzerverhalten von Facebook. Es ist ein Netz für alle mit einem viel höheren Altersdurchschnitt. Verschiedene Blogs berichten schon seit längerem über eine drohende „Vergreisung“, sogar Focus hat darüber berichtet. Es liegt in Facebooks Interesse, keine Nutzer zu verlieren sowie junge Nutzergruppen an sich zu binden und entsprechend über Werbemöglichkeiten Einnahmen zu erzielen. Zuckerberg war meines Erachtens schon öfter recht aggressiv unterwegs, wenn es um Marktanteile geht und in so fern ist der Kauf von WhatsApp ein logischer Schritt.
Für mich machen die Betreiber einen Kardinalfehler, den es schon in der Blase der New Economy gab. Sie achten meiner Meinung nach viel zu wenig auf Rentabilität und Nutzerinteressen. 14 Mrd Euro sind eine ganze Menge Geld, auch, wenn sie teilweise durch einen Aktientausch abgewickelt werden. Bis dieses Geld alleine durch Werbung wieder eingespielt ist, dürfte es sehr lange dauern. Soziale Netze leiden immer noch an der Crux, dass bezahlte Werbung im Vergleich zu anderen Möglichkeiten im Online Marketing eher unterdurchschnittliche Resultate bringt. Noch ist es hip, Facebook-Anzeigen zu schalten. Ich bin es gewohnt, die Werbewirksamkeit zu messen. Und da sieht und hört man keine berauschenden Resultate. Noch toller ist das hier: Facebook Probleme. Diverse Nutzer wandern augenblicklich schnell von WhatsApp zu Threema oder anderen Diensten.
Die Frage ist, was passiert, wenn man einmal soziale Netze in der gleichen Weise misst, wie es Standard bei Adwords, SEO, Affiliates und dergleichen ist. Was schon den TKP bei Communities absolut in den Keller gedrückt hat, kann durchaus auch den großen Netzen passieren. Und hier wird es interessant. Die Facebook-Aktie ist jetzt schon recht teuer. Nimmt man noch einmal die Milliarden von WhatsApp-Kauf hinzu, muss schon sehr viel passieren, bis man auf eine vernünftige Rekapitalisierung durch Werbeeinnahmen kommt. Oh, oh, böse Gedanken. Bildet sich da wieder eine riesige Blase? Interessant, wie betriebswirtschaftliche Überlegungen im Online Marketing eine Rolle spielen können. Mich persönlich verunsichert der Aktienkurs. Müssen die irgendwie attraktiver scheinen als sie sind? Warum sagen die Analysten kaum etwas zur Werbewirksamkeit und damit der sicheren, wenn auch mE sehr niedrigen Einnahmesituation? Sind die irgendwann gezwungen, noch mehr mit Nutzerdaten zu handeln? Irgendwie habe ich ein etwas ungutes Gefühl, wie es in diesem Konstrukt weiter geht.
Andererseits suche ich natürlich permanent nach Wegen, wie man in sozialen Netzen Nutzergruppen zielgerichtet und vor allem erfolgreich ansprechen kann. Die Möglichkeiten sind jenseits von soziodemografischen Merkmalen immer in dem Punkt limitiert, an dem Nutzer auf eine textliche oder grafische Anzeige reagieren müssen, die einigermaßen zu ihren Bedürfnissen passt. Wo man bei Suchmaschinen bequem und effizient ein Interesse des Suchenden voraussetzen kann, kommt vielen auch eine einigermaßen passende Werbung ohne vorherige Suche durch einen Nutzer aufgepropft vor – mit entsprechend schlechten Werten. Mhhhh, mal gucken, was Facebook demnächst noch an Werbemöglichkeiten auspackt. Die üblichen kleinen Grafik- und Textanzeigen reichen mir persönlich nicht, da sie für mich im Online Marketing viel zu schlecht wirken. Von meiner Seite nehme ich daher eine vorsichtige, beobachtende Position ein und warte erst einmal ab, bis sich erwiesene Erfolge für mich vernünftig nachvollziehen lassen………… Schnell auf den Zug aufspringen kann man dann immer noch.