Bundeswehr – ich verstehe den Sinn der Reform nicht

Die Wehrpflicht soll ausgesetzt werden, jeder rennt hinter zu Guttenberg her und klatscht. Dabei verstehe ich den Sinn der Übung nicht und sehe auch von der Sicherheit des Landes her langfristig ein Problem. Die Wehrpflichtigen bringen immer wieder frischen Wind und neue Gedanken ein. Zudem sorgen sie dafür, dass die Bundeswehr fest im Volk verankert ist, weil eben die Streitkräfte aus dem Volk bestehen.

Dazu kommt eine Abbildung des Querschnitts der Bevölkerung, aller Schichten und Ausbildungen in den Streitkräften, was für sozial Schwache Chancen eröfnet, während die Bundeswehr selbst von den Intelligenten und Fitten profitiert. Das hat seit den 50er Jahren bestens funktioniert. Obendrein können sich die wirklich Guten im „Schnupperkurs“ Wehrdienst für eine Verwendung als Berufs- oder Zeitsoldat entscheiden, was sowohl die Qualität des Nachwuchses steigert, wie auch die Werbungskosten niedrig hält. Eine Bundeswehr im offenen Arbeitsmarkt in Konkurrenz zu VW, Mercedes, SAP, Airbus, IBM und Co.? Autsch, das geht in die Hose.

Außerdem bin ich etwas im Zweifel, ob sich ein Land globalpolitisch jetzt schon langfristig leisten kann, die Hosen runterzulassen. Nichts anderes ist die Abschaffung der Wehrpflicht. Man wird nie mehr in der Lage sein, notfalls, ich betone nochmals: notfalls!!! einige Hunderttausend unter Waffen zu setzen und jeden Angriff abzuschrecken. Mit dem Ende des Warschauer Paktes ist die Welt für uns Deutsche zwar viel besser geworden, jedoch sehe ich keine Spur von Weltfrieden, der überall eingezogen ist. Schon in der Ukraine, in Weißrussland, auf dem Balkan und rund ums Mittelmeer ist von Demokratie und sicherer Lage noch keine Rede. Und es sind von da aus nur ein paar Flugstunden.

Wenn man sich die aktuelle Diskussion um die Bundeswehr ansieht, sollte eigentlich so mancher einen Schreck bekommen. Richtig einsatzfähig halte ich die Staatsbürger in Uniform nicht mehr – und noch Schlimmeres droht, wenn die Sparpläne auch nur ansatzweise durchgezogen werden.

Die Truppe hat teilweise einen Müll als Ausrüstung, der auf keine Kuhhaut geht. Immer noch sind Phantom im Einsatz – die waren mal richtig modern in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Alter Witz der Luftwaffe zu meiner Zeit als Wehrpflichtiger (80er Jahre) für den als „fliegender Ölbrenner“ bezeichneten Jet: Man braucht kein Radar, um eine Phantom zu entdecken. Die ist am Ende der Qualmwolke. Der Eurofighter wird die alte Möhre erst weit nach 2012 komplett ablösen, wahrscheinlich 2014. Oder darfs derweil vielleicht als Transporter eine Transall, die Blüte der 60er des letzten Jahrhunderts sein? Der Airbus 400 M verspätet sich und hier bin ich wirklich sauer auf zu Guttenberg. Hat der doch still und heimlich die Preiserhöhungen und Verspätungen industriefreundlich und nicht steuerzahlergerecht durchgewunken. Wir bekommen weniger Maschinen als vereinbart, was einer Stückpreiserhöhung gleichkommt. Ich habe aber keine EADS-Aktien und somit kein Interesse, mehr zu zahlen.

Auch in Sachen Hubschrauber gibt es de facto nicht mehr einsatzfähige Oldtimer. Der im Bundeswehrjargon als „Teppichklopfer“ bezeichnete Bell UH wird erst demnächst durch den NH 90 abgelöst. Viele kennen das Ding aus der Fernsehserie Rettungsflieger – es ist eine für den Vietnamkrieg entwickelte Wegwerfmaschine aus den USA. Für den CH 53 gibts noch gar keinen Ersatz.

Wenn schon die Luftwaffe und die Fliegerstaffeln des Heeres mit Sondermüll rumgurken, sieht es in anderen Bereichen noch schlimmer aus. Von ehemals über 2.500 Panzern Leopard 2 sind noch gerade 350 mehr oder minder einsatzfähig. Was wir heute nach Afghanistan senden, muss sich mit noch schlimmeren Sachen herumärgern, die teilweise lebensgefährliche Situationen hervorrufen. Wieso keine Leos nach Afghanistan? Kein Geld. Der Schützenpanzer Marder ist derweil total veraltet.

Beim Personal ist es noch übler. Unsere Einheit war mit weit über 90% Abiturienten und wirklich fitten Leuten unterwegs. Heutzutage gibts oft nur verzweifelte Jobsuchende. Was die an Übung haben, ist teilweise ein schlechter Witz. Vorbei sind die Zeiten, als man noch hervorragend trainiert mit genügend Praxis ausgestattet wurde. Herrjeh, als einfache Wehrpflichtige hatten wir mehr und bessere Praxis im Schießen, als heute Zeitsoldaten in Afghanistan. Das, was zu meinen Zeiten ein Witz war für besondere Streber oder Spinner: „Oberstabsgefreiter“, ist heute ein regulärer Rang. Muss ja alles billig sein, damit man als Staat bloß nicht zu viel an Gehalt zahlt, Unteroffiziere sind teurer.

Derweil wird mancher Unfug getrieben. Ich weiß ja nicht, warum die Marine immer noch in Kleidung rumrennt, die Kaiser Wilhelms Poesiealbum entspringt. Wäre doch viel effizienter, das zu vereinheitlichen. Luftwaffe bekommt Schwingen als Unterscheidungsmerkmal aufgestickt, die Marine nen Anker. Fertig, gleicher Bestellprozess, gleiche Lagerhaltung. Gorch Fock? Was soll man mit einem Haufen rostiger Stahlstreben mit Segeln, wenn die Leute hinterher auf hochmodernen Schiffen eingesetzt werden? So sie denn funktionieren, man bastelt immer noch an den kaputten Getrieben der neuen Korvetten.

Autor: Georg Grohs Online Marketing

Online Marketing, Erfahrung seit 1998, einige einzigartige Erfolge. Aber immer mit einem Lächeln. georg-grohs.de